Stark frequentiert von bekannten Gesichtern und massgeblichen Teilhabern aus Wirtschaft, Fachwelt und Politik war das Swiss Green Economy Symposium Mitte der Woche in Winterthur. Mit Kreislaufwirtschaft, Ernährungsfragen, Gesundheitswesen und Transport war der Bogen weit gespannt, aber sinnvoll orchestriert.
Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig die Versorgung der Städte zu sichern, kostet Geld, und sollte auch nicht von Selbstausbeutung wie bei manchem Velokurier zehren. Das ist nur eine der Erkenntnisse des Swiss Green Economy Symposiums (SGES). Manche Hoffnung richtet sich auch auf autonomen Lieferverkehr auf der letzten Meile. Und bei Paket- und Kurierdienst-Anbietern, sowie Kooperationen im Rahmen der Einrichtung von gemeinsam zu nutzenden Umschlagplätzen für die Feinverteilung im Ballungsraum ist noch «Luft nach oben». Sprich: Noch Einiges zu tun.
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Dabei überschneiden sich nach dem Motto «Gut, dass wir darüber gesprochen haben» durchaus unterschiedliche Anforderungen. So verwies Jürgen Maier-Gyomlay vom Verband der verladenden Wirtschaft zu Recht auf eines der Probleme, das bei Manchem nur im Hintergrund dräut: Gemeinden und Kommunen haben zwar ein grosses Interesse daran, der Verkehrsflut Herr zu werden. Doch während das produzierende Gewerbe am Ort Steuern zahlt, profitieren die Kommunen in Sachen «Verkehr» und «Logistik» nicht direkt von Einnahmen, sondern sind eher als (Liefer-)Ziel definiert. Eine «gewisse Zähigkeit» wird hier konstatiert.
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So dürften beispielsweise die jetzigen 94,2 Mio. t im Güter- und Warenverkehr (13 % auf der Schiene, 87 % Strasse, davon 37,5 Mio. t innerhalb der Kantonsgrenzen) in und um die Agglomeration Zürich bei dann zwei Millionen Einwohnern bis ins Jahr 2040 auf weit mehr ansteigen. Zwar bewege sich schweizweit gemäss der vom Bundesrat beschlossenen Bahn-Ausbauschritte (AS 2035) bereits viel in Richtung zur Entlastung der Strasse. «Aber bis 2050 wird das nicht reichen», sagt Paul Schneeberger vom Amt für Mobilität des Kantons Zürich.
Eine Art «Rugby» im Strassenverkehr
Arnold Berndt vom Bundesamt für Verkehr dringt darauf, dass die Logistik stärkere Berücksichtigung in der Raumordnung finden müsse. Wie Gyomlay weiss er, dass die entsprechenden Kapazitäten bereitgestellt werden müssen, und vergleicht die dahingehenden Bemühungen mit dem amerikanischen «Rugby», als einer Art Rauferei auf dem Spielfeld. Der Staat müsse hier die Spielregeln gestalten. «Wenn die nicht stimmen, müssen sie angepasst werden». Dazu gehöre zweifellos eine hohe Verfügbarkeit an Gleisanschlüssen.
Grafik: Amt für Mobilität Zürch.
Das Wunschkonzert mündet in die Automatisierung der «letzten Meile» und ein intelligentes Kapazitäts-Management auch für kleine Losgrössen. Ein Umschlagsbonus zugunsten der Schiene soll es richten. Wobei der Einzelwagen-Ladungsverkehr noch einmal daran erinnert, dass die Sache für private Logistik-Dienstleister und Transportanbieter betriebswirtschaftlich rentabel sein sollte.
Wer – beispielsweise in Zürich - inzwischen in ansehnlicher Zahl geplante Terminals und HUBs in citynahen Bereichen betreiben wird, ist noch nicht raus, dürfte aber ebenfalls zu unterschiedlichen Realisierungen – ob privat oder von öffentlicher Hand – führen. Berndt anlässlich der Session zum Thema «Urbane Ver- und Entsorgung»: «Sie werden auch nach meinem Vortrag nicht wissen, wie sie Zukunft des Güterverkehrs wirklich sein wird». Ein wahres Wort.
Güterverkehrs- und Logistikkonzept Kanton Zürich. Grafik: Amt für Mobilität ZH
Philipp Wegmüller von der Coop-Tochter «railCare» stellte die Lieferkette vom vorgelagerten Verteilzentrum der Coop im waadtländischen Aclens zum Umlad am Bahnhof in Cornavin und mitten ins Herz von Genf (Güter-Metro «CityCargo Geneve») als beispielhaft vor. «Schliesslich kämpfen wir mit einer sinkenden Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber der Logistik». Der eine Auftrag von «railCare» laute auf die Versorgung. «Unser zweiter Kernauftrag lautet auf Innovation», so Wegmüller.
«CityCargo Geneve» als Vorbild
RailCare investierte in zurückliegenden Jahren stark in die Digitalisierung. 1200 Wechselbrücken sind im Einsatz. Güterzüge, die von Aclens in die Genfer City fahren, werden ab 40 km/h von bordeigenen Achsgeneratoren und per Akku mit Strom für die Kühlung versorgt. Ein ameisenartig auf Tentakelbeinen staksender mobiler Roboter namens «Snoopy» könnte irgendwann auch die Wagenkontrolle ersetzen, die bislang mit Visiteuren noch sehr personalintensiv sei. «RailCare» will 2024 auch in Zürich ein Projekt «CityCargo» lancieren, mit dem sich möglicherweise – darauf lautet jedenfalls das Ziel – bis zu 58000 Lkw-Fahrten einsparen liessen.
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Mit einem überraschenden Vermerk wartet Titus Bütler, Transport-Chef der Schweizerischen Post auf. Zwar bewältige die Post täglich 77 Verbindungen auf der Schiene. Die Strasse sei aber trotzdem noch immer deutlich flexibler. Und: «Ein Elektro-Lkw fährt auf Distanzen bis zu 50 km heute schon wirtschaftlicher als die Bahn!». In dieselbe Kerbe schlägt auch Robert Brohl, Supply-Chain-Chef von Digitec Galaxus. Die sorgfältige Planung und stärkere Berücksichtigung emissionsärmerer Transportwege sei wichtig. «Aber als Online-Händler sind wir durchaus auf Geschwindigkeit angewiesen».
Nur langsam geht nicht
Die Frage nach Bündelung und Kooperationen im citynahen Lieferverkehr beantwortet Bütler unter anderem auch damit, dass bei 200 Fahrzeugen der Post, die in die City fahren, schon alles stark konsolidiert und die Verteilung der Routen schon weitgehend optimiert sei. «Da gibt es fast nichts mehr zu bündeln».
Björn Lindner, «Head of Innovations» beim Logistik-Dienstleister Planzer, findet die Anforderungen an die Fahrer städtischer Liefertouren «heute schon sehr herausfordernd». Planzer stünde aber der Zusammenarbeit mit anderen Logistikanbietern grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber. Über Möglichkeiten zur Mehrfachnutzung von Gleisanschlüssen könne man zum Beispiel «nochmal reden».
Dafür, dass mit CO2-reduzierten Arbeitsmethoden nicht unbedingt alles einfacher wird, ist auch der Kurierdienst Swissconnect ein Beispiel, der innerstädtisch weitgehend mit Velo-Kurieren unterwegs ist, und bei längeren Distanzen auf die SBB setzt. Direkt am Bahnsteig wird vom Velo direkt auf den Bahnwagen umgeladen. Schweizweit kooperieren über 80 Expresskurier-Dienste mit Swissconnect. Eine selbst entwickelte Software-Plattform macht´s möglich.
Gründer Christoph Masoner räumt ein, dass bei den Velo-Kurieren momentan die Lohnkostenfrage drängt. Generell müssten Logistikdienstleistungen besser bezahlt werden. «Der Schritt in eine CO2-ärmere Zukunft kostet eben Geld…», so Masoner.
CO2-arme Zukunft kostet «richtig Geld»
Hochautomatisierte und autonom steuernde Lieferfahrzeuge wie der «Loxo» weisen weit in die Zukunft, können aber in Ebikon bereits in der Praxis bestaunt werden, wo sie für die Migros und Schindler unterwegs sind. Von grosser Bedeutung auch für autonome Lieferverkehre ist die Datenlage. Wer hier in Kooperation mit anderen Anbietern, wie auch nach wie vor mit Chauffeuren «bestückten» Fahrzeugen welche Informationen preisgibt, wird ebenfalls noch zu klären sein.
Klaus Koch
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