Der Architekt lobt die Logistik

Architekt Christoph Ingenhoven war dabei, als am Wochenende Halbzeit für die 28 imposanten Kelchstützen war, die das künftige Dach der Bahnsteighalle von «Stuttgart 21» stemmen werden. Ende 2025 sollen die ersten Züge rollen. Aus der Kritik am 8-Mrd.Projekt seien zahlreiche Anregungen eingeflossen.

«Es ist nicht so, dass wir Gegenargumente in der Bauausführung einfach ignoriert hätten», so Ingenhoven. «Es wurden zahlreiche Anpassungen vorgenommen». Der Brandschutz habe dabei eine erhebliche Rolle gespielt. Entwurf und Baufortschritte wurden mit grossem Aufwand 3D-visualisiert. Der Aufwand für die Öffentlichkeitsarbeit und Projekte, die der Transparenz dienen sollten, war beträchtlich und in zurückliegenden Jahren teils heftigen Bürgerprotesten und Demonstrationen gegen das Bauwerk geschuldet.

 

Stuttgarts neuer OB Frank Nopper hält es für selbstverständlich, dass an einem Bauvorhaben dieser Dimension nachjustiert werde, und zitiert – sicher nicht als Anspielung auf Immobiliengeschäfte in einem völlig umgekrempelten, neu entstehenden Stadtviertel auf ehemaligem Rangiergelände gemeint – Ex-OB Manfred Rommel. «Was eine Grossstadt munter hält», soll der schon mal drauflos gereimt haben, «ist und bleibt die Unterwelt».

Betoniert wird unterdessen mit allen Finessen, die moderne Ingenieurskunst zu bieten hat, und gern unter Bezugnahme auf Jahrhundert-Architekten wie Frei Otto, der schon beim Bau des Olympiastadions in München mit Zeltdächern, gewagten Seilkonstruktionen und anspruchsvoller Statik brillierte. Die Kelch-Konstruktion mit den charakteristischen Lichtaugen – mit 735 Kubikmetern Spezialbeton und hohem Armierungsaufwand für 28 Stück dieser Sorte für die über 400 m lange Bahnsteighalle gegossen - wurde in dieser Form noch nie gebaut. Der Durchmesser für den sich nach oben hin öffnenden Kelch beträgt rund 32 m, die Öffnung für das Lichtauge 16 m. Der Bau des künftigen Bahnhofs nahm im Jahr 1997 im Rahmen eines Realisierungswettbewerbs seinen Anfang. Das 32-köpfige Preisgericht entschied sich damals aus 126 eingereichten Vorschlägen für Ingenhovens Entwurf.

Fotos: Koch

6000 Arbeiter, Handwerker und Bauingenieure sind derzeit mit Stuttgart 21 und seinen Anbindungen zugange, 50 von 51 Tunnel-Kilometern bereits gebaut. Olaf Drescher, Leiter der Projekt-GmbH Stuttgart-Ulm verweist auf die moderne Leit- und Sicherheitstechnik, die den Bahnbetrieb «fit für die Zukunft» machen werde. Mit der Digitalisierung sei die Kapazität des neuen Verkehrsknotens «um 20 Prozent leistungsfähiger, ohne dass wir dafür noch zusätzliche Gleise bräuchten». Und gibt sich angesichts der Flut von Protesten und Demonstrationen, die den Durchführenden zeitweise tumultartig von»Wutbürgern» entgegenschlug, zuversichtlich. Dimensionen und Stellenwert des Projekts «erschliessen sich mittlerweile und sukzessive auch Aussenstehenden».

Hier das Video mit Architekt Christoph Ingenhoven

 

www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de