Bergwerks-Silo in Herznach

Einen in jeder Hinsicht interessanten Jahresausklang gestaltete der Schweizerische Verband für Temperatur geführte Logistik (SVTL) im einstigen Bergwerk von Herznach, das bis 1967 Mio. von Tonnen an Erz förderte. Auch die Gelegenheit, neue Projekte zum Thema E-Food zu diskutieren, wurde gern genutzt.

Dass die Schweiz eigentlich ein rohstoffarmes Land ist, trat angesichts des von 1937 bis 1967 betriebenen Bergbaus und vor der Silhouette des Betonsilos, der einst 1000 t fasste, ein wenig in den Hintergrund. Architektonisch bestechend wurde das Bauwerk inzwischen zum Hotel umfunktioniert. SVTL-Geschäftsführer Georg Burkhardt, selbst in dem Verein aktiv, der sich um Museum, Grubenbahn und den Erhalt und das wieder Freimachen der Stollen kümmert, führte fachkundig durch erdgeschichtliche Zeiten, die Geologie des Untergrunds, und erläuterte Details des wenige Jahrzehnte währenden Bergwerks-Betriebs.

Überblick über das einstige Abbaugebiet

Zu nächtlicher Stunde führte eine Fahrt mit der Grubenbahn ins Innere des Berges, wo nicht nur die Abbaumethoden und Sicherungs-Massnahmen der seinerzeit bis zu über 200 Bergleute aus dem Ort und der Region für Aufmerksamkeit sorgten, sondern auch die Tatsache, dass man sich auf einstigem Meeresboden und Jura-Ablagerungen bewegt. Hunderte von Ammoniten aller Grössen, vor rund 165 Mio. Jahren in einem seichten Schelfmeer abgelagert, sind in einem sogenannten Wasserstollen sowie sorgsam im Museum präpariert, zu bestaunen. Heute sind Bergwerksfeste, Verkostungen mit regionalen Produkten und Führungen Ziel von Informations-Anlässen und Events.

In aktuelle Gefilde hatte das gute Dutzend von Teilnehmern, darunter auch GS1-Schweiz-Präsident Robert Vogel, Gelegenheit sich von Emilija Damjanovic, Markt- und Produktentwicklerin der Schweizerischen Post entführen zu lassen. Bekanntlich ist die Post permanent auf der Suche nach neuen Branchenlösungen, zu denen Neu-Projekte im Gesundheits-(Health)-Sektor, im Bereich Baustellen-Logistik und der Kreislauf-Wirtschaft mit recycelten Rohstoffen und Materialien wie etwa PET gehören. Die Zahlen sprechen dafür, dass es hier – nicht nur im Bereich online bestellter Lebensmittel - noch Potentiale gibt. «Der E-Food-Markt boomt«, sagt die 28jährige. Weltweit seien es gegenwärtig unzählige Start-ups, die zum Teil mit enormen Investitionen, diversen Zustellungsverfahren und angetrieben von Social Media-basierten Geschäftsmodellen den Einstieg versuchen. «Nadelöhr ist und bleibt eine effiziente Logistik auf der letzten Meile«, so Damjanovic. «E-Food lässt sich nicht beamen«.

Tour mit der Grubenbahn

Die Schweiz hätte wohl Nachholbedarf. Der 2,8 Prozent Anteil online bestellter E-Food-Lieferungen am Gesamtaufkommen im Lebensmittelbereich stieg von 2019 auf 2020 zwar auf 3,5 Prozent. 2019 gab es immerhin schon 2,65 Mio. Bestellungen von Privatpersonen im Internet. Erwartet werde ein hohes Wachstum in diesem Segment. Immerhin wird das Marktvolumen des stationären schweizerischen Detailhandels auf 93,7 Mrd. Franken geschätzt – online bislang auf 13,1 Mrd., davon überwiegend Elektronik- und Modeartikel. Diskussions-Teilnehmer berichteten über teils beträchtliche Hürden, die es im realen Betrieb und bei der digitalisierten Umsetzung neuer Geschäftsmodelle zu überwinden gelte. Die Schweiz sei nun mal ein eher von traditionellem Kaufverhalten und einer gewissen Zurückhaltung geprägter Markt, resümiert Georg Burkhardt.

Fotos: Koch

So ging Damjanovic, in ihrer Freizeit passionierte Volleyballerin, 2019 für die Post auf Sondierungs-Mission. Die Post schickte – wie viele andere Unternehmen und Konzerne auch, die in dieser Richtung Fahrt aufnehmen wollen – die junge Frau auf Erkundungstour ins Silicon Valley. Dort habe sie junge Unternehmungs-Gründungen wie «Shoof Technologies« und «Boxologic« kennengelernt. Die Post habe aber auch gute Voraussetzungen mit ihren mittlerweile angesammelten Erfahrung über SameDay-Delivery und Kooperationen wie beispielsweise dem Netzwerk von «Notime«. Einbezogen in die Überlegungen wurden auch die Erfahrungen mit temperaturgeführten Logistiklösungen, wie sie etwa die Migros Online schon sammeln konnte. Transporteinheiten wie die bislang auch schon verwendete Thermo Care-Box aus dem Pharma- und Health-Bereich, so Damjanovic, hätten sich als zu unhandlich, aber auch zu aufwändig für schnelle Lebensmittel-Zustellungen erwiesen. Schliesslich müsse am Ende auch der Preis stimmen.

Im Bergwerks-Museum

Damjanovic landete mit ihrer Strategie-Recherche schliesslich bei einem Liefermodell, das ab Frühjahr samt Digitalisierungs-Plattform mit einem Service der Post für regionale Lebensmittel starten soll. Die Lebensmittel-Zustellung solle nicht zu eigens durchgeführten Touren bei der Post führen, sondern als Mitnahme organisiert sein.

Georg Burkhardt, der über eigene Erfahrungen mit dem Online-Anbieter«Hello Fresh« verfügt, sieht das als zielführend für künftige Pfade an, die eingeschlagen werden können. Der Konsument wolle schliesslich auch regional einkaufen. Künftig gelte es, Lieferketten zunehmend danach zu beurteilen, wie nachhaltig – also ressourcenschonend – sie seien. Genug Arbeit also für Supply Chain-Experten, die neue Massstäbe berücksichtigen wollen und Optimierungs-Know-How einbringen können.

www.svtl.ch