Binnen drei Wochen stellte der Pharma- und Kosmetikgrosshändler «Boots» mithilfe von Witron sein automatisiertes Zentrallager von der Filiallogistik auf den eCommerce um. Das Store Service Center (SSC) in Nottingham, wo täglich Millionen Artikel kommissioniert werden, bewies seine Anpassungsfähigkeit.
Corona veränderte alles. Da die Kunden während des Lockdowns überwiegend online bestellten, verzeichnete Boots in den Monaten der Pandemie über 150 Prozent mehr Bestellungen im Online-Geschäft. Zwar betreiben die Briten neben dem SSC ein eigenes E-Commerce-Logistikzentrum, aber die Herausforderung bestand darin, sich sehr schnell an die steigenden Auftragszahlen anzupassen. Eine Lösung musste her, nicht in ein paar Jahren, sondern sofort.
Teil der Lösung war das von Witron geplante und realisierte Store Service Center. Supply Chain Director Alan Penhale: «Hier hatten wir noch Logistik-Kapazitäten zur Verfügung. Zu Beginn der Pandemie kauften die Kunden noch in den Shops ein, doch während des Lockdowns stiegen die eCommerce-Zahlen, während die Besucherzahlen in den Geschäften zurückgingen.» Penhale und seine Kolleginnen und Kollegen versenden Beautyartikel, Kosmetik, Düfte, Pflegeartikel und auch Coca Cola; über 37.000 Artikel sind es mittlerweile.
«Boots brauchte im Frühjahr 2020 eine kreative Lösung», berichtet Jack Kuypers, bei Witron für Nordwesteuropa zuständig. Die Pharma- und Kosmetikkette gehört zu den grössten Handelsunternehmen im Vereinigten Königreich und gemeinsam entwickelten die Teams schon in der Vergangenheit Optimierungen in den Prozessen für die Filialen. «Doch so etwas haben wir noch nie erlebt – ein ursprünglich ausschliesslich für die Filialbelieferung konzipiertes Logistikzentrum in Rekordtempo zu einem Omnichannel-Logistikzentrum umzufunktionieren», gibt Kuypers zu.
Fotos: Witron
Viele Kunden orderten in der Vergangenheit ihre Waren zwar online, holten sie aber im Geschäft vor Ort ab, oftmals wurde sogar noch im Shop gepickt. Das Click + Collect-Geschäft war die Lösung in der Pandemie. Boots nutzt seit einigen Monaten ein Order Management System, das oberhalb des Warehouse Management System aufgesetzt ist. Die IT-Verantwortlichen definierten das SSC «einfach» zu einer Filiale um – zugegeben ein riesiges Geschäft mit viel Lagerkapazität. «Ob Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter die Waren manuell im Geschäft in London picken oder mit dem Dynamic Picking System (DPS) ist der Software egal», lacht Penhale.
Herzstück der Anlage ist (und bleibt) das DPS mit 252 Workstations. Dort erfolgt die hochdynamische und automatische Kommissionierung von Kleinteilen unterstützt durch ein Pick-by-Light-System. Das DPS arbeitet nach dem Prinzip Ware-zum-Mann / Mann-zur-Ware. Die Artikel befinden sich, abhängig von der Auftragsstruktur, permanent beziehungsweise bedarfsgerecht in der Kommissionierfront, wodurch diese stets optimiert ist. DPS unterstützt verschiedenste Varianten der Kommissionierung: Von Behälter in Behälter, von Palette in Behälter, von Behälter in Versandkarton, etc. Unabhängig von der Art der Kommissionierung, wird der Kommissionierer in allen Varianten durch ein Pick-by-Light-System geführt. Grossvolumige Artikel aus dem Boots-Sortiment werden im SSC datenfunkunterstützt und wegeoptimiert durch das teilautomatisierte Car Picking System (CPS) auf Rollcontainer kommissioniert. In Summe picken die Boots Kolleginnen und Kollegen in Nottingham an einem Spitzentag fast 3 Millionen Einheiten. «Unsere Kolleginnen und Kollegen wissen gar nicht, ob sie für den eCommerce-Kunden oder für die Filiale kommissionieren», berichtet Penhale.
Doch die Teams von Witron und Boots mussten noch einige physikalische Veränderungen im ssC vornehmen. Die Logistiker bauten einen neuen Versandbereich für die E-Commerce-Bestellungen. «Im Moment wird dieser Bereich noch manuell beliefert. Aber auch hier wollen wir in naher Zukunft eine Automatisierung etablieren», erklärt der Supply Chain Director.
Innerhalb von drei Wochen verwandelte sich das Filial-Logistikzentrum in ein Omnichannel-Lager. Hat ihn das überrascht? «Nein, wir arbeiten seit mehr als zehn Jahren sehr gut mit Witron zusammen, denken uns immer wieder neue, kreative Prozesse aus. Überrascht hat mich, dass wir es geschafft haben, auf Anhieb über 6000 Online Bestellungen pro Tag zu versenden. Was wir gemeinsam in der Krise geleistet haben ist Spitzenklasse», so Penhale.
Penhale wagt einen Blick in die Zukunft. «Die Menschen kaufen wieder in Geschäften ein, aber der eCommerce wird weiter wachsen. Wirtschaftliche und flexible Omnichannel-Prozesse sowie die Belieferung unterschiedlicher Vertriebswege aus einem Logistikzentrum werden zu einem «must have» werden. Es gilt, sämtliche Logistikprozesse in der Supply Chain «end-to-end» auf eine ganzheitliche Omnichannel-Struktur auszurichten. Daran arbeiten wir gemeinsam mit Witron.»
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