Deutschland will mehr Schiene wagen

Koalitionsverträge sind aufgrund der Kompromisse, die zwischen den künftigen Regierungpartnern ausgehandelt werden, oft luftig. Was jetzt in Deutschland zwischen FDP, Grünen und SPD vereinbart wurde, enthält trotzdem interessante Eckpositionen für Güterverkehr, Logistik und Industrie 4.0. Auszüge aus dem 185-Seiten-Papier.

Allem voran steht, dass die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur weiter erhöht und langfristig abgesichert werden sollen. Dabei solle «erheblich mehr in die Schiene als in die Strasse» investiert werden.

Die Koalition wolle 2023 eine CO2 -Differenzierung der Lkw-Maut vornehmen, den gewerblichen Güterkraftverkehr ab 3,5 t einbeziehen und einen CO2-Zuschlag einführen. Eine Doppelbelastung durch den CO2-Preis solle vermieden werden. «Wir werden die Mehreinnahmen für Mobilität einsetzen», heisst es.

Letzte Kabinettssitzung: Vorgängerin und Nachfolger. Foto: Bermann

Gesteigert werden soll der Anteil des Schienengüterverkehrs bis 2030 auf 25 Prozent. «Wir werden den Masterplan Schienenverkehr weiterentwickeln und zügiger umsetzen», wird versprochen. Etwas blumig unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit lautet die Formulierung: «Sofern haushalteerisch machbar, soll die Nutzung der Schiene günstiger werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnen zu stärken».

Gespannt sein darf die Verkehrswelt auf die Ankündigung «bis 2030 Dreiviertel des Schienennetzes (zu) elektrifizieren» und – natürlich - «innovative Antriebstechnologien (zu) unterstützen».

Damit einhergehend wolle die künftige Regierung «das Streckennetz erweitern, Strecken reaktivieren, Stilllegungen vermeiden und eine Beschleunigungskommission Schiene» einsetzen. Die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung solle beschleunigt, der Einzelwagenverkehr gestärkt und ein Investitionsanreiz für Gleisanschlüsse gesetzt werden. «Bei neuen Gewerbe- und Industriegebieten soll die Schienenanbindung verpflichtend geprüft werden». Terminals für den Kombinierten Verkehr sollen gefördert, die Kranbarkeit von Standard-Sattelaufliegern vorangetrieben und der Zu- und Ablauf bis max. 50 Kilometer von der Lkw-Maut freigestellt werden. Schienenanbindung als Pflicht?

Interessant und sicher noch zu heissen Debatten wird der Vorsatz führen, die Deutsche Bahn als «integrierten Konzern inklusive des konzerninternen Arbeitsmarktes im öffentlichen Eigentum» zu erhalten. Sicher gutgemeint die Erklärung, «die internen Strukturen (…) effizienter und transparenter (zu) gestalten». Dazu sollen die Infrastruktureinheiten (DB Netz, DB Station und Service) der Deutschen Bahn innerhalb des Konzerns «zu einer neuen, gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt» werden. Diese werde zu 100 Prozent im Eigentum der Deutschen Bahn als Gesamtkonzern sein. «Die Eisenbahnverkehrsunternehmen werden markt- und gewinnorientiert im Wettbewerb weitergeführt».

Ausdrücklich unterstützt werden sollen regionale Güterverkehrskonzepte, emissionsfreie Stadtlogistik wie Ladezonen und Logistik-Hubs.

In Bezug auf den Flugverkehr soll Deutschland Vorreiter beim CO2-neutralen Fliegen werden. Mit Blick auf die aktuelle pandemiebedingte Krise der Luftfahrtbranche werde eine Erhöhung der Luftverkehrsabgabe nach 2023 geprüft. Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer seien für die Förderung von Produktion und Einsatz von CO2-neutralen strombasierten Flugkraftstoffen sowie für Forschung, Entwicklung und Flottenmodernisierung im Luftverkehr einzusetzen.

Multimodale Citylogistik. Fotos: DB

«Wir unterstützen ambitionierte Quoten für Power-to-Liquid (PtL-Quoten) im Luft- und Schiffsverkehr», heisst es im Wortlaut, «um einen Markthochlauf anzureizen. Wir wollen Fluglärm reduzieren und den Anteil lärmabhängiger Flughafenentgelte erhöhen. Wir fördern einen klimaneutralen Flughafenbetrieb».

Der komplette Vertrag hier