Foto: IML

«Im B2C-Bereich», sagt Michael ten Hompel, Leiter des Fraunhofer IML, «beherrschen gegenwärtig monopolistische Strukturen sowohl die Geschäftsmodelle als auch die Logistikprozesse». Für B2B soll sich das mit dem Open-Source-Prinzip der «Silicon Economy» und der Premiere des «e-Palettenscheins» ändern.

Die erste Unternehmensgründung im Umfeld der kürzlich ausgerufenen «Silicon Economy» steht in den Startlöchern. Bereits wenige Monate nach dem Auftakt bringt ein Gründerteam aus dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML eine App-gesteuerte Plattform für ein cloudbasiertes Ladungsträgermanagement auf Basis von Künstlicher Intelligenz auf den Markt. Dabei kommen erstmals besagte Open-Source-Komponenten der Silicon Economy zum Einsatz. 

Das Marktpotenzial ist gross. Alleine in Europa befinden sich verschiedenen Erhebungen zufolge rund 600 Mio. Europaletten, 135 Mio. Automotive-Kleinladungsträger (KLT), 600 Mio. Steigen für Obst und Gemüse sowie 700 Mio. Fleisch- und Brotkisten im Umlauf. Deren Nachverfolgung, Verbuchung und Bestandsverwaltung erfolgt überwiegend händisch oder über spezielle technische Systeme, die aufwändig in die jeweilige IT-Landschaft eines Unternehmens integriert werden müssen.

Die von den Gründern entwickelte App soll nun Abhilfe schaffen: Sie soll den Tauschprozess digital erfassen, beiden Parteien zugänglich machen und die dazugehörigen Konten vollautomatisch belasten – und das rechtssicher.

Von Vorteil ist das vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitenden, die auf diese Weise alle möglichen Ladungsträger identifizieren, tracken, tauschen und managen können. KI-Algorithmen in der Bilderkennung erfassen Ladungsträger-IDs und ermitteln auf Basis eines einzelnen Fotos Typ und Anzahl eines Ladungsträgers. Insbesondere der «e-Palettenschein» steht beispielhaft für die unternehmensübergreifende Vernetzung und die Integration unterschiedlicher Partner: Gleichen zwei Unternehmen ihre Palettenbestände über die App ab, prüft das System zukünftig automatisch, ob durch die Einbeziehung anderer App-Nutzer möglicherweise vorteilhaftere Tauschprozesse möglich sind, um etwa Leerfahrten zu vermeiden.

»Die vollständige Digitalisierung von Prozess- und Lieferketten mithilfe Künstlicher Intelligenz wird in der Logistik ein neues Zeitalter einläuten», sagt ten Hompel. «Diese Ausgründung ist ein wichtiger Schritt, der zeigt, wie schnell innerhalb der Silicon Economy und auf Basis von Open Source neue Geschäftsmodelle umgesetzt werden können.»

Die Ausgründung der Wissenschaftler Philipp Wrycza, Michael Koscharnyj, Patrik Elfert und Jan Möller wird vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit einem EXIST-Gründerstipendium unterstützt. Die Plattform haben die Wissenschaftler im Rahmen des gemeinsamen Enterprise Labs mit der European Pallet Association (EPAL) am Fraunhofer IML entwickelt. Bei der nun hinzu gekommenen Open-Source-Komponente handelt es sich um den sogenannten «e-Palettenschein» aus einem Entwicklungsprojekt zur Silicon Economy.

«Die Verwendung der Open-Source-Komponente bringt sowohl unser Unternehmen als auch unsere Plattform ein grosses Stück nach vorne. Die Integration des digitalen Palettenscheins hat uns monatelange Entwicklungszeit gespart und liefert gleichzeitig die Blaupause zur Industrialisierung von Open-Source-Software aus der Silicon Economy», erklärt Philipp Wrycza, im Team der Ausgründer verantwortlich für Strategie und Vertrieb.

 

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