Ideal für den Aussenbereich. Möglicherweise auch dort, wo die «chaotische Lagerhaltung» zu wörtlich genommen wurde: Ein neuer Rover für Erkundungstouren auf Mars und Mond kann sogar kopfüber fahren und überlebt Stürze aus 1,5 m Höhe. In Bayern ging jetzt ein Testfeld in Betrieb.
Was auf den ersten Blick wie ein japanischer Steingarten wirkt, ist eine wissenschaftliche Anlage. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat im bayerischen Oberpfaffenhofen ein Outdoor-Experimentierfeld für planetare Rover errichtet. Auf dem Gelände in Oberpfaffenhofen präsentiert sich ein «Vulkankrater» umringt von Feldern mit Kies, grossen und kleinen Felsbrocken sowie ein Steilhang mit verschiedenen Untergründen. Die Beschaffenheiten spiegeln die Vulkan- und Höhlenlandschaft von Mars und auch Mond wieder. Forschende des DLR-Instituts für Systemdynamik und Regelungstechnik haben das neue 630 Quadratmeter grosse Testfeld nun in Betrieb genommen. Insbesondere der Explorationsroboter «Scout» wird hier für künftige Missionen vorbereitet.
Auf dem Mond und Mars werden gewaltige, kilometerlange Lavahöhlen vermutet, die sich vor Milliarden von Jahren durch vulkanische Aktivitäten gebildet haben. Die Tunnel- und Höhlensysteme sind, speziell auf dem Mars, für die Wissenschaft von grosser Bedeutung. Denn dort könnten sich Spuren von einstigem oder sogar vorhandenem Leben befinden. Für herkömmliche Rover waren die steilen, unwegsamen Kraterwände jedoch bislang nicht zugänglich. Mithilfe von Scout wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DLR diese Lavahöhlen erschliessen.
Fotos: DLR
Als irdisches Vorbild für das planetare Testfeld diente der Vulkan Ätna in Italien. Mond und Ätna weisen ähnlich extreme Bedingungen auf. Für den Bau in Oberpfaffenhofen nutzte das Scout-Team die Daten einer Ätna-Vermessung. Sie identifizierten häufig vorkommende Hindernistypen und berücksichtigten die Beschaffenheit der Materialien, etwa die Dichte und Oberfläche. Speziell die Steigungen passten sie den realen Herausforderungen in Lavahöhlen an.
«Unser Testfeld weist Steigungen mit spitzen Winkeln von mehr als 30 Grad auf, verfügt über loses Gestein, tiefen Sand und zusätzliche Hindernisse. Das geht weit über die Anforderungen bisheriger Rover hinaus«, erklärt Projektleiter Roy Lichtenheldt vom DLR-Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik. In seiner Freizeit erforscht und vermisst er unbekannte, alpine Höhlen. «So kann ich mein Know-how in der Höhlenforschung und in der Robotik auf einzigartige Weise verbinden», ergänzt der Wissenschaftler.
Der Scout-Rover startete den Geländebetrieb mit ersten Fahrten für das vom Robotik und Mechatronik Zentrum des DLR koordinierten Helmholtz-Zukunftsprojekt ARCHES (Autonomous Robotic Networks to Help Modern Societies). Im Rahmen dieses Projekts werden heterogene, autonome vernetzte robotische Systeme entwickelt, um eine Basis zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen zu schaffen. Eine Demonstration der weltraumbasierten Technologien ist für das kommende Jahr 2022 auf dem Ätna geplant.
Der DLR-Rover ist einen Meter lang, einen halben Meter breit und setzt sich aus drei verformbaren Rückenelementen zusammen. Wie ein Tausendfüssler erkrabbelt er Steilhänge, überwindet Felsbrocken und schaufelt sich mit seinen sechs nachgiebigen Speichenrädern durch Kies oder sandigen Untergrund. Dabei verfügt er lediglich über einen Motorantrieb pro Rad.
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