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Ein Jahr mit zahlreichen Aktivitäten und wichtigen Diskussionen zu KI, gezieltem Strom-Einkauf und Energieeffizienz in den Kühlhäusern bilanzierte SVTL-Präsident Marco Manzetti an der 79. Hauptversammlung des Schweizerischen Verbands für Temperaturgeführte Logistik in Meisterschwanden. Im Fokus: Künftige ESG-Berichtspflichten.

 

«Was wir gemeinsam in dieser Branche leisten, die sich stetig wandelt und immer wieder neue Anpassungen verlangt, ist nicht selbstverständlich», so Manzetti, flankiert von Geschäftsführer Christian Pauli.

 

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Zu den nüchternen Zahlen gehört die Belegung von 81,8 % aller Tiefkühl-Kapazitäten der Mitglieder zum Jahresende 2024 (Vorjahr: 81,9 %).

Neben den geordneten Finanzen, einem moderaten sechsstelligen Budget des Verbandes, und der Vorstandsarbeit mit Jürg Schenk (Vizepräsident, Transgourmet AG), Hanspeter Harnisch (STEF Schweiz), Urs Hauck (Migros Verteilbetriebe), Angelo Tancredi (Post CH) und Kurt Troxler (Emmi Schweiz), sowie Reto Barrer (Galliker Transport AG) und Remo Kölbener (Polaris AG) als Revisoren, nahmen in der «Seerose» in Meisterschwanden auch diesmal wieder anspruchsvolle wie auch praktische Lösungen gebührenden Raum ein.

 

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Allem voran das Thema bevorstehender «Berichtspflichten», mit denen sich in kommenden Jahren allein innerhalb der EU über 50.000 Unternehmen herumschlagen müssen. Sie werden aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtungen zunehmend auch auf die Schweiz Auswirkungen haben.

ESG (Environmental, Social, Governance)-Richtlinien, auch CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) genannt, befassen sich - anders als Umsatz, EBIT und Produktionszahlen - mit nicht-finanziellen Aspekten von Unternehmen, die bestimmte Umsätze überschreiten. Die Vereinten Nationen haben in ihrer Agenda 2030 nicht weniger als 17 globale Zielbilder mit 169 Unterzielen definiert.

 

SVTL 2025 GV podium 310Podium mit F.Thon, V.Rühlin, Moderator K.Koch, Chr. Hochstrasser, D.E. Bubendorf (v.l.n.r.)

 

Darunter die Aufgabenfelder Menschenwürdige Arbeit, Infrastruktur und Innovationen, resourcenschonender Konsum und Klimaschutz. Unter einen «Scope 1» fallen Fahrzeuge und Heizenergie, in einen «Scope 2» Stromverbrauch und Kühlung, «Scope 3» fokussiert Subunternehmen und Auftragnehmer im Verpackungs- und Transportsegment.

 

Neue Anforderungen

 

«Noch mehr Bürokratie – das kostet uns nur einen Haufen Geld», sei oft die Reaktion betroffener Unternehmen, sagt Lieferkettenexperte Daniel E. Bubendorf. Und die Zahl derer, die einräumen, bisher nur wenig oder auch gar keine Ahnung von den damit verbundenen Auflagen zu haben, ist an diesem Tag auch in Meisterschwanden mit zwei Dritteln relativ hoch. Umso wichtiger der Beitrag, den der SVTL auf informativer Ebene für seine Mitglieder leistet.

 

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Grossunternehmen engagieren sich auf internationaler Ebene bezüglich ESG, CSRD und der inzwischen weltweit von rund 10.000 Unternehmen wahrgenommenen GRI (Global Reporting Initiative) schon seit Längerem. «Die kommen gar nicht drumherum», sagt Bubendorf. Das Thema sei vom Supply Chain Management nicht mehr zu trennen.

Allerdings sind nicht nur die «wirklich Grossen» von solchen bislang oft freiwillig befolgten «Berichtspflichten» betroffen, sondern eben auch Dutzende kleinere Zulieferer. Wer hier den Trend missachtet kommt eventuell gar nicht mehr zum Zuge. Das «Reporting» gelte in weiten Teilen der Wirtschaft bereits als Vorteil bei der Auftrags-Acquise, ergänzt Christian Hochstrasser von der Advokatur ThomannFischer.

 

SVKTL GV 2025 Frigero Kuehlbedarf 310ZHAW-Daten zur Lieferkette

 

Mehr noch: In der Schweiz werden viele KMU künftig nicht unbedingt berichtspflichtig, aber durch ihre Auslandsgeschäfte indirekt betroffen sein.

In der Schweiz drohen auch heute schon Bussen bis zu 100.000 Franken bei vorsätzlicher Missachtung «nicht-finanzieller Belange», etwa in Menschenrechts-Fragen und/oder Korruption (Art. 964a-964c OR), sowie «begründetem Verdacht (…) auf Kinderarbeit». Dasselbe gilt für Unternehmen, die «Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold enthaltende Metalle aus Konflikt- und Hochrisiko-Gebieten» importieren.

 

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Wurde tatsächlich schon mal jemand bestraft? «Nein», sagt der Anwalt. Aber Klauseln dieser Art sind zunehmend Teil von Transportverträgen. Die Stadt Zürich etwa verlangt von ihren Verpflegungsbetrieben unter «nachhaltigen Bedingungen» produzierte Lebensmittel.

Consulting-Anbieter und Supply Chain Experten wie Bubendorf bieten Erstchecks für Unternehmen inzwischen schon routinemässig an.

 

Unterschiedliche Ansätze

 

Eher technisch orientiert berichten an der GV Viola Rühlin und Fabio Thon von der ZHAW über den Abschluss des Projekts «Frigero», das per Software und ausgesuchten Parametern die Kühlketten nach CO2-Reduktions-Potentialen vom Lebensmittel-Produzenten über den Transport bis hin zum Verbraucher durchforstet. Unterstützt unter anderem von Züger Frischkäse, Aryzta, Ralog und dem CO2-Emissions-Rechenwerk «CarbonCare» der ETH Zürich ermittelt das Programm Schadstoff-Äquivalente in Abhängigkeit von den jeweiligen Transport-Wegen, unterschiedlichen Lager- und Kühlkonfigurationen. In das Programm wurden auch Sparpotentiale durch unterschiedliche Treibstoff-Arten bei Lkw, Schifffahrt oder Luftfracht, wie auch Elektro- oder Velokuriere einbezogen.

 

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Für reale Anwendungen müsste das Konzept jeweils mit konkretem Input gefüttert werden, um in vorzeigbare Ergebnisse zu münden. Immerhin: Es liefert Anhaltspunkte, die unter Verwendung zuverlässiger Datengrundlagen zumindest die Richtung angeben können.

Vorteil des Frigero-Konzepts: Es benötigt, wie vieles andere auch, nicht gleich wieder eine «ChatGPT» oder «KI», um eine sinnvolle Richtung einschlagen zu können.

 

klk.

 

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