Linde Material Handling zeigt auf der LogiMAT (11. bis 13. März), neben den neuen E-Staplern der E und Xi-Reihe, einen Showcase auf Basis der KI-Plattform «Omniverse» von NVIDIA, der mithilfe eines digitalen Zwillings riesige Datenmengen von Prozessen in Warenlagern in Echtzeit erfasst, verarbeitet und analysiert.
Erst im Januar hatte der Mutterkonzern Kion die umfangreiche Zusammenarbeit mit dem KI-Marktführer NVIDIA und den Digitalisierungsexperten von Accenture verkündet, um die industrielle Automatisierung auf einen neuen Level zu heben.
Auf einer Erweiterungsfläche des Linde-MH-Messestandes ist ein Szenario zu sehen, wie es für die Warenlager «von morgen» typisch sein könnte: Manuelle und automatisierte Flurförderzeuge arbeiten mithilfe innovativer KI-Technologie perfekt orchestriert zusammen. Davon profitieren vor allem Betreiber grosser Flotten.
«Auf der LogiMAT 2025 stellen wir unser umfassendes Winning Line-up für die Herausforderungen der modernen Logistik vor: Von manuellen und automatisierten Flurförderzeugen über vollvernetzte Sicherheits- und Energielösungen bis hin zum KI-gestützten Lager der Zukunft», so Martin Stadtmüller, Director Marketing Linde Material Handling Germany.
Bei der Kooperation mit NVIDIA und Accenture sorgen die intelligente Hard- und Software kombiniert mit immenser Rechenleistung dafür, dass jeder Prozess im Lager transparent wird und Aufträge durch permanente Simulation schneller, sicherer und flexibler erledigt werden können. «Maschinelles Lernen und neuronale Netze werden das Lager leistungsfähiger machen. Der Warendurchsatz steigt, manuelle und automatisierte Flotten lassen sich optimieren, das Personal effizienter einsetzen. Unter dem Strich führt das zu deutlichen Kostenersparnissen für die Unternehmen», stellt Ulrike Just, Mitglied der Geschäftsführung von Linde MH, in Aussicht. «Als einer der Technologie- und Innovationsführer unserer Branche haben wir mit der Entwicklung von Lösungen auf Basis von KI begonnen. (…) Mit ersten grossen Kunden planen wir Pilotprojekte, denn für diese werden sich die damit verbundenen Investitionen besonders rechnen.»
Flurförderzeuge vernetzt
Bei der Strategie von Linde MH gehe es in einem ersten Schritt darum, die manuellen Flurförderzeuge zu vernetzen. Dafür entwickelt der Intralogistiker aktuell ein System zur Echtzeitlokalisierung, das sowohl innerhalb von Lagerhallen als auch ausserhalb von Gebäuden funktioniert. Es ermöglicht die lückenlose Standortverfolgung jedes Fahrzeugs und nutzt Ultra-Breitband-Technologie für die «low infrastructure». Über ein intelligentes Display erhalten die Fahrer Anweisungen zur Navigation durch das Lager oder bekommen neue bzw. geänderte Fahraufträge mitgeteilt. Dabei kombiniert das System Standort- mit Fahrzeugdaten, wie beispielsweise den Lenkwinkel. Auf diese Weise kann die Route in Echtzeit angepasst werden, wenn beispielsweise an Fahrwegen zu viel Verkehr und damit Zeitverlust entstehen sollte.
Nicht ganz so grausig... Abb.: NVIDIA
Die abgestimmte Zusammenarbeit und Routenoptimierung zwischen manuellen und automatisierten Flurförderzeugen stellen – im zweiten Schritt – jedoch aufgrund der wachsenden Komplexität wesentlich höhere Anforderungen an die Rechenleistung von Computern. «Wenn 100 oder mehr Fahrzeuge koordiniert werden sollen, gelingt das nur mit einer übergeordneten Intelligenz und einer Hardware, die derart grosse Datenmengen verarbeiten kann», erklärt Ron Winkler, Managing Director der Digital Business Unit von Linde MH. «Hier kommt die KI der NVIDIA Omniverse-Plattform ins Spiel. Es wird ein digitaler Zwilling des Lagers aufgebaut, ein virtuelles 1:1-Abbild der physischen Realität.» In diesem digitalen Zwilling lassen sich in Sekundenbruchteilen Simulationen rechnen. Entweder zur Optimierung von Fahrwegen und zur optimalen Koordination von AMRs sowie manuellen Flurförderzeugen oder um Optimierungen in bestehenden Lagerlayouts zu erzielen.
Daten digital hinterlegt
Das Besondere: Lösungsmöglichkeiten für sich ändernde Anforderungen oder Probleme im Lager, wie aktuelle Auftrags- oder Bestandsänderungen, Verkehrsdichte in bestimmten Lagerbereichen, Hindernisse oder überhängende Lasten, werden in Echtzeit erfasst, im digitalen Zwilling simuliert und Neuberechnungen werden zurück an die Fahrzeugsteuerung gespielt – beispielsweise, dass ein verspätet ankommender Lkw vom nächstgelegenen Stapler mit entsprechender Ausstattung entladen werden soll. Dazu sind in der NVIDIA Omniverse-Plattform alle physischen Daten von Flurförderzeugen (z. B. Motorleistung, Lenkwinkel) sowie der Infrastruktur (z. B. Regalplätze, Fahrwege, Maschinenzeiten) digital hinterlegt. Im virtuellen Raum werden die Informationen verarbeitet, die permanent aus Sensoren, intelligenten Fahrzeug- und Infrastrukturkameras, Lagerverwaltungssoftware und Fahrzeugsteuerungen kommen.
Das Tracken von Ladungsträgern, AMRs, manuell geführten Fahrzeugen sowie die Überwachung der Ladung und der Lagerzonen übernehmen intelligente Kamerasysteme an der Infrastruktur sowie an den manuellen und automatisierten Fahrzeugen. Deren Bilder werden von der KI direkt interpretiert und weiterverarbeitet.
NVIDIA-CEO Jensen Huang
Konkret auf dem Messestand: Ein Staplerfahrer bringt mit seinem Linde-Elektrostapler Ware in die Lager-Vorzone. Vom definierten Übergabebereich nimmt ein rein automatisiert fahrender Linde-Hochhubwagen die Palette auf, um sie ins Lager zu befördern. Um Material und Waren auf der Omniverse-Plattform nahtlos zu dokumentieren und nachverfolgbar zu machen, macht die mobile intelligente Fahrzeugkamera des manuellen Staplers bei der Palettenaufnahme automatisch ein Bild des Ladeguts und speichert es im System. Gleichzeitig erkennt sie Personen und Hindernisse und passt das Verhalten des Fahrzeugs sofort situationsgerecht an. Die stationären Kameras im Lager liefern zum einen Informationen über die Belegung der Stellplätze an das System, zum anderen registrieren auch sie mögliche Kollisionen mit Personen und können eine Geschwindigkeitsreduzierung der Fahrzeuge veranlassen.
Schräge Sachen erkennen
Was aber passiert, wenn der Staplerfahrer die Palette nicht so exakt auf der vorgegebenen Fläche ablegt, wie es ein FTS normalerweise braucht? Über die stationären Kameras weiss der digitale Zwilling, dass die Palette abgelegt wurde, und hat den Pick-Auftrag an den Linde L-MATIC core weitergegeben. Dank der intelligenten Kamera des rein automatisiert fahrenden FTS erkennt die KI die schräg stehende Palette und sucht nach einer Lösung – in diesem Fall die passende Anfahrt zur Aufnahme der Last. Ähnlich verhält es sich, wenn Kartons verrutschen oder ein Teil der Last überhängt. Auch diese Probleme entgehen den stationären Kameras nicht. In diesem Fall würde die KI zu dem Ergebnis kommen, dass die Ware nicht von einem AGV aufgenommen werden sollte. Der Linde L-MATIC core bleibt stehen, ihm kann ein anderer Transportauftrag zugeteilt werden. Stattdessen hat die KI berechnet, welches manuell geführte Fahrzeug in der Nähe ist, um den Auftrag zu übernehmen.
«Mit der Konfiguration eines digitalen Lagerabbilds lässt sich jede denkbare Infrastruktur und Flottenkonfiguration in 3D-Optik simulieren und auf ihre Effizienz hin testen», erläutert Ron Winkler. «Die KI lässt sich immer weiter trainieren und verfeinern. Damit sind die Voraussetzungen für ein Lager-Universum geschaffen, das Herausforderungen vorausschauend löst und immer besser wird.»
An der LogiMAT: Halle 10 (Stand B21, B17 und C38)
Ladehof zwischen Halle 8 und 10, Messepark zwischen Halle 9 und 10
- Details
- Geschrieben von: Klaus Koch
