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Humanoide Roboter galten wegen Gleichgewichtsproblemen lange Zeit als nicht geeignet für robuste Jobs. Sowas wollte man sich in der Logistik gerne sparen. Inzwischen helfen KI-gestützte Systeme. Zur LogiMAT hielt das Fraunhofer IML neue Einsichten – wie auch eine Miniatur Open-Source-Schiffswerft – parat.
Menschenähnliche Blechkameraden sahen in zurückliegenden Dekaden trotz zahlreicher Pilotprojekte und Forschungsversuchen eher unzweckmässig aus. Zu mühsam war es, die teils merkwürdigen Gestalten nur deshalb mühsam in Balance zu halten, um sie dem «homo sapiens» einigermassen ähnlich zu gestalten – und dann womöglich auch noch mit konkreten Aufgaben zu betrauen. Erfindungen wie der «Segway» machten schon vor einiger Zeit Schluss mit der Wackelei, und durch «Artificial Intelligence» gestützte Ausgleichssysteme, Gyroskope mit nur noch in Millisekunden messbarer Latenz, bahnen zurzeit den Weg in die Weiterentwicklung humanoider Anwendungen.
Mit dem Tablet Schiffe bauen
Alice Kirchheim, Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) bezifferte zum Auftakt der Messe in Stuttgartden Aufwand, der bislang zum Beispiel in den USA von einer namhaften Robotics-AI Unternehmung betrieben werde, auf 675 Mio. US-Dollar, während Deutschland hier mit gerade 120 Mio. Euro schon wieder hinterher hinke.
Dabei brauche sich Deutschland als Forschungs- und Wissenschafts-Nation gar nicht hinter anderen zu verstecken. Der noch von Kirchheims Vorgänger Michael ten Hompel ins Rennen geschickte «EvoBOT» (maximal 60 kmh Geschwindigkeit und 100 kg), in Versuchsläufen 2023 mit Unterstützung von Fraport, Schenker und Lufthansa Cargo bereits auf dem Frachtterminal des Münchner Flughafens mit Transportaufgaben und sogar «schwarmfähig» unterwegs, wird hier gerne angeführt.
An der Nahtstelle zwischen Konstruktion, Projektion, KI-gestützter Simulationen und ihrer Umsetzung in die Realität nun auch ein Fraunhofer-Projekt, das auf «Aulis» getauft wurde – nach einer Hafenstadt der Antike, in der sich die griechische Flotte einst mit ihren Verbündeten traf, um gegen Troja zu ziehen. Hier allerdings ohne «Pferd».
Entwickelt wurde es als hersteller-unabhängiges Flottenmanagementsystem für Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) und autonome mobile Roboter (AMR). Der Messestand des IML wurde dafür kurzzeitig in Form einer Matrixproduktion zur Mini-Werft umfunktioniert: Aulis orchestriert eine Flotte aus realen und simulierten KI-fähigen mobilen Robotern zur Produktion eines – wenn auch nur wenige Zentimeter grossen Schiffs. Ein Laserprojektionssystem weist den Menschen, die Teil der Produktion sind, den rechten Weg.
«Werftarbeiter» der Neuzeit
Das Werft-Szenario simuliert eine dynamische Produktionsumgebung, bei der sich mehrere Miniatur-AMR zwischen drei Produktionszonen auf dem Hallenboden bewegen. Neben den realen Robotern fahren dabei auch weitere AMR aus einer Simulationsumgebung eines digitalen Lagers auf die reale Messestandfläche – ein Laserprojektionssystem namens LARS und «Mixed Reality» zeigen die real zurückgelegten und noch zu erledigenden Wege an. Messebesucher können über ein Tablet zwischen verschiedenen Produktionsvarianten des Schiffs wählen – ob sie das Segel grün oder blau haben wollen - und anschließend den Produktionsprozess am Bildschirm sowie im Modellformat «live» erleben. Die Komponenten des Schriffs werden hier natürlich nicht wie bei der Meyerwerft in Papenburg zusammengeschweisst, sondern vom 3D-Drucker in Passform gebracht und zusammengesteckt.
EvoBOT in Aktion
Die Integration von FTF und AMR unterschiedlicher Hersteller in eine bestehende IT-Infrastruktur funktioniert dabei mit geringem Aufwand nach dem Plug-and-Play-Prinzip. Der Schlüssel dafür ist natürlich die Verwendung der VDA 5050 und M2X – zweier universell anwendbarer offener De-facto-Standards für die Kommunikation zwischen Fahrzeugen und der Einsatzumgebung von Fahrerlosen Transportsystemen (FTS), wie sie auch vom Mesh-up des IFOY bekannt ist. Aulis ist als Open Source verfügbar. «Die Zukunft der Intralogistik gehört den autonomen mobilen Roboterflotten. Damit steigt in Unternehmen der Bedarf für ein ganzheitliches Flottenmanagement. Mit Aulis haben wir genau solch ein System geschaffen: Es ist herstellerunabhängig, lässt sich einfach integrieren und jederzeit modular erweitern. Alles auf Grundlage von Open-Source-Schnittstellen und -Basismodulen, was die Integrationskosten erheblich senkt», so IML-Chefin Alice Kirchheim. «Damit ist Aulis eine Lösung für alle – vom KMU über den Systemintegrator bis zum
großen AMR-Hersteller».
klk/J.Jakubiak.
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- Geschrieben von: Klaus Koch
