Wohl nur mit einigen Purzelbäumen wird sich der Rover unter äusserst schwachen Schwerkraft-Bedingungen aufrichten können, der 2024 den 27 km grossen Marsmond Phobos erkunden soll. Haupt-Komponenten wurden diese Woche von Bremen nach Toulouse an die französische CNES geliefert.

Das deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) hat diese Woche wesentliche Teile des Rovers am Standort Bremen integriert und fertiggestellt. Die in Zusammenarbeit mehrerer DLR-Institute entstandene Carbonstruktur stellte hohe Anforderungen an das bordeigene Aufricht- und Fortbewegungssystem. «Mit dem MMX-Rover betreten wir technisches Neuland, denn noch nie ist ein Erkundungsfahrzeug mit Rädern auf einem kleinen Himmelskörper gefahren, der nur über rund ein Tausendstel der Erdanziehungskraft verfügt», sagt Markus Grebenstein Projektleiter am DLR-Institut für Robotik und Mechatronik in Oberpfaffenhofen. Da der Rover im freien Fall aus dem Raumfahrzeug auf Phobos gelange, werde er bei der Landung – ohne weitere Schäden - mehrere «Salti» schlagen und in nicht näher vorauszusagender Position zum Liegen kommen. «Aus dieser Situation heraus muss er sich autonom mithilfe des Antriebssystems aufrichten und anschliessend seine Sonnensegel entfalten. Erst dann ist der Rover fahrbereit und überlebensfähig», so Grebenstein. «Fahren wird er schliesslich ganz behutsam mit nur einigen Millimetern pro Sekunde, um trotz der geringen Schwerkraft mit seinen speziellen Rädern den Bodenkontakt zu halten», ergänzt Stefan Barthelmes vom DLR-Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik in Oberpfaffenhofen.

Die Entstehung der beiden Marsmonde Phobos und Deimos ist bisher ungeklärt. Um dieses Rätsel zu entschlüsseln, startet 2024 die Mission Martian Moons eXploration (MMX) der japanischen Raumfahrtagentur JAXA zu den beiden Monden.
Der nur 25 kg leichte MMX-Rover wird, angekommen bei Phobos, von der MMX-Muttersonde abgetrennt und etwa 50 m hinab zur Mondoberfläche fallen. Dies wurde in ersten Falltests am Bremer DLR-Institut für Raumfahrtsysteme bereits erprobt, wo nun auch die Integration erfolgte. Auf Phobos hat der Rover rund 100 Tage Zeit, die physikalischen und mineralogischen Eigenschaften der Oberfläche zu erkunden. Dabei kommen zwei DLR-Instrumente miniRAD und RAX aus Berlin zum Einsatz. Das Radiometer miniRAD des Instituts für Planetenforschung wird mittels Infrarotmessungen die Oberflächentemperatur bestimmen. Zudem ermöglicht es Rückschlüsse auf die Porosität des Oberflächenmaterials, um diese mit Asteroiden- und Kometenproben zu vergleichen. Das Raman-Spektrometer RAX (RAman spectroscopy for MMX) ist eine Entwicklung unter Führung des Instituts für Optische Sensorsysteme mit Beteiligung der JAXA und der spanischen Raumfahrtagentur INTA. RAX wird entlang der Roverstrecke die mineralogische Zusammensetzung der Phobos-Oberfläche ermitteln.

«Furcht» und «Schrecken»

Neben den beiden DLR-Instrumenten werden in den nächsten Monaten bei der CNES in Toulouse auch zwei Radkameras montiert, die Räder und Untergrund im Blick behalten und dabei wissenschaftliche Daten zum Aufbau der Phobos- Oberfläche sammeln, sowie zwei Navigationskameras integriert. Zudem bauen die Ingenieurteams die Solarpanele, das Energiesystem, das Funksystem für den Kontakt zur Erde, sowie den Bordcomputer in den Rover ein. Dann stehen umfangreiche Tests des vollständigen Rovers an hinsichtlich seiner Funktionen sowie seiner Beständigkeit gegenüber den Vibrationen des Raketenstarts und der extremen Temperaturschwankungen von mehr als 200 °C auf Phobos.

Fotos: DLR

Die Tests unter Weltraumbedingungen wird der MMX-Rover zusammen mit dem Verbindungs- und Separationssystem zum Mutterschiff, genannt «MECss» (Mechanical and Electrical Connection and Support System) absolvieren.
Die MMX-Raumsonde besteht insgesamt aus drei Modulen. Das Explorationsmodul verfügt über Landebeine, Probennehmer und einige Instrumenten sowie den mitgeführten MMX-Rover. An das Explorationsmodul schliesst sich das Return-Modul mit der Kapsel zur Probenrückführung an, gefolgt von einem Antriebsmodul mit den Treibstofftanks und Raketentriebwerken.

Ungefähr ein Jahr nach dem Verlassen der Erde wird die Sonde 2025 in eine Umlaufbahn um den Mars eintreten, um Phobos und Deimos zu beobachten. Anschliessend soll sie in einen Quasi-Orbit um den Marsmond Phobos einschwenken, dort wissenschaftliche Daten sammeln, den mitgeführten MMX-Rover absetzen und Proben von der Mondoberfläche nehmen. Nach der Probenentnahme kehrt das Raumfahrzeug mit dem auf Phobos gesammelten Material zur Erde zurück. Die Landung des MMX-Rovers auf Phobos ist für 2027 geplant und die Rückkehr zur Erde mit den Proben im Jahre 2029.

Phobos und Deimos (zu Deutsch: Furcht und Schrecken) begleiten als kleine Monde den Mars. Entdeckt wurden sie 1877 von dem amerikanischen Astronomen Asaph Hall. Nach dem Start der MMX-Mission wird der Rover von Kontrollzentren der CNES in Toulouse (Frankreich) und des DLR in Köln betrieben.

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